Donnerstag, 2. Juli 2009

EM 1989: Teil 6

02.07.2009 08:30 Frauen-Nationalmannschaft DFB.DE SPEZIAL

Silvia Neid: "Dieses Spiel bleibt etwas Unvergessliches"

Triumph vor 20  Jahren: Silvia Neid bei der EM 1989  © Bongarts/GettyImages
Triumph vor 20 Jahren: Silvia Neid bei der EM 1989

Keine andere Frau verkörpert den deutschen Frauenfußball so wie Silvia Neid. Die 45-Jährige gehört der Frauen-Nationalmannschaft seit deren Gründung an. Als Spielerin und Trainerin war sie somit an allen Erfolgen der DFB-Auswahl beteiligt.

Und obwohl Silvia Neid sämtliche Titel gewonnen hat, die es im Frauenfußball zu gewinnen gibt, räumt sie dem Gewinn der Europameisterschaft 1989 einen ganz besonderen Stellenwert ein. „Dieses Spiel bleibt etwas Unvergessliches“, sagt sie über das 4:1 im Finale gegen Norwegen.

Im sechsten und letzten Teil der DFB.de-Serie "20 Jahre Frauen-EM-Titel" lässt die 111-malige Nationalspielerin exakt 20 Jahre nach der Begegnung die Partie noch einmal Revue passieren:

"Keiner hat mit uns gerechnet"

„Ich kann mich noch gut daran erinnern. Damals hatte keiner mit uns gerechnet. Schon der Einzug in die Endrunde wurde als Überraschung gewertet. An ihr nahmen seinerzeit nur vier Teams teil.

Der DFB richtete das Turnier aus. Unser Halbfinale wurde in Siegen angesetzt. Ausgerechnet gegen Italien. Das Spiel war an Dramatik nicht zu überbieten. Und weil es auch noch live im Fernsehen gezeigt wurde, hat es wohl einige Fans inspiriert und motiviert, sich das Finale in Osnabrück anzuschauen.

"Wir hatten kein Lampenfieber und keinen Bammel"

Schon als wir im Stadion ankamen, konnten wir ahnen, wie gut das Spiel besucht sein würde. Als wir uns dann warm gemacht haben, kamen immer wieder Durchsagen vom Stadionsprecher, dass die Zuschauer in den Rängen durchrücken sollten, damit alle Platz finden. Wie mir später erzählt wurde, hatten zahlreiche Fans kein Ticket mehr erhalten und konnten das Spiel nicht im Stadion verfolgen.

Ich war damals Spielführerin. Ich weiß noch, dass ich mich unheimlich auf das Finale gefreut hatte. Ich hatte auch das Gefühl, dass es in unserer Mannschaft allen so ging. Wir hatten kein Lampenfieber und auch keinen Bammel. Uns zeichnete ein absolut guter Teamgeist aus. Wir hatten uns daher vorgenommen, in diesem Endspiel alles zu geben und es einfach nur zu genießen.

Kaum zu stoppen: Silvia Neid glänzte mit Technik und Torgefahr  © Bongarts/GettyImages
Kaum zu stoppen: Silvia Neid glänzte mit Technik und Torgefahr

"Von Trainern optimal eingestellt"

Diese Form von Unbekümmertheit war meiner Meinung nach auch ein Faktor, warum wir das Spiel für uns entscheiden konnten. Dazu kam natürlich die tolle Unterstützung der Fans im Stadion, die uns wahrlich beflügelt hat. Und außerdem hatte uns das Trainer-Team um Gero Bisanz und Tina Theune optimal eingestellt.

Uschi Lohn hatte uns schon in der ersten Halbzeit mit 2:0 in Führung gebracht. Und so wie das Spiel lief, war ich mir nach dem zweiten Treffer sicher, dass wir an diesem Tag gewinnen. Wir wussten zwar, dass Norwegen ein ganz starkes Team und in Heidi Store oder Linda Medalen hervorragende Individualistinnen besaß, aber wir waren an diesem Tag zu gut. Selbst der Anschlusstreffer zum 1:3 brachte uns nicht aus dem Konzept. Angelika Fehrmann macht mit ihrem Tor zum 4:1 alles klar.

"Ich habe eine ganz dicke Gänsehaut bekommen"

Anschließend durfte ich als Erste den Pokal halten. Ich weiß gar nicht mehr, von wem ich ihn überreicht bekam. Aber das war auch egal. Im aufbrandenden Jubel der Zuschauer so eine Trophäe in die Luft zu stemmen, ist etwas ganz Besonderes. Ich habe zumindest eine ganz dicke Gänsehaut bekommen.

Aber nicht nur die Erinnerung an das Spiel ist hängen geblieben. Ich glaube, dieser erste Titel hat dem deutschen Frauenfußball einen ersten Entwicklungsschub gegeben. Uns wurde von sehr vielen Seiten Respekt gezollt. Vom DFB bis hin zu den Fans. Von da an ging es immer weiter bergauf.“

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